Wie Wandernde Baumzeichen lesen können

Forstliche Markierungen an Bäumen helfen bei der Planung der Waldwirtschaft

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Wer im Wald wandert, stößt ganz sicher auf scheinbar mysteriös markierte Bäume: farbige Ringe, Kreuze, Punkte, Zahlen oder Pfeile.

Diese Baumzeichen sind allerdings keine „Schmierereien“. Sie helfen Förster*innen bei der Planung und Durchführung nachhaltiger Waldpflege. Und für Wandernde ist es allemal spannend zu wissen, welche Informationen zur Pflege und Nutzung sich dahinter verbergen.

Habitat-, Biotop-, Spechtbaum: Nicht jeder alte oder kranke Baum fällt durch die Säge. Viele solcher Bäume sind wertvoll für die Biodiversität. Als Habitat- oder Biotopbäume bieten sie Spechten, Fledermäusen, Käfern oder Eulen eine Heimstatt. Entweder sind sie mit großem „H“ oder einem stilisierten Specht gekennzeichnet. Astlöcher, abstehende Rinde oder Höhlungen zum Beispiel deuten auf ihre Bedeutung hin.

Hinweis: Forstzeichen, wie sie typischerweise von Förster*innen oder Waldarbeitenden verwendet werden, können je nach Region, Forst und Bewirtschaftung auch unterschiedliche Bedeutungen haben .

Fällmarkierungen: Bäume, die zur Fällung vorgesehen sind, sind gut zu erkennen an einem farbigen Kreuz oder Punkt (rot, blau, orange). Da wird einem manchmal das Herz schwer. Die sogenannten Zielbäume werden etwa zur Förderung jüngerer Bäume oder zur Gefahrenabwehr (Sturmschäden, Krankheiten) entnommen. Das Entfernen einzelner Bäume ist Teil der nachhaltigen Waldpflege. So soll Licht, Raum und strukturelle Vielfalt im Bestand entstehen.

Rückegassen: Die gängige Forstwirtschaft hat in regelmäßigen Abständen (20 bis 40 Meter) Schneisen im Wald angelegt, sogenannte Rückegassen. Über sie wird das Holz abtransportiert. An den Baumstämmen sind sie an farbigen Punkten oder senkrechten Linien (oft blau oder grün) zu erkennen. Rückegassen werden gezielt befahren, um den Waldboden außerhalb zu schonen. Wo Rückepferde eingesetzt werden, braucht man keine fixen Gassen.

Polterholz: Der eingekreiste Buchstabe P steht auch für Polterholz oder markiert Bäume, die zur Gewinnung von Holz gefällt und anschließend zu einem Polter (Stapel) zusammengelegt werden sollen.

Zahlen oder Buchstaben: Sie dienen dem Förster zur Planung, zum Beispiel zur Baumkartierung oder im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen.

Grenzmarkierungen: Diese Markierungen zeigen oft Grundstücksgrenzen oder Abteilungsgrenzen im Wald an.

Pfeile oder Farbbänder: Diese Art der Markierung deutet auf geplante Arbeitsrichtungen oder Rückwege hin.

Weiße Punkte auf der Rinde: Zwei weiße Punkte können Grenzbäume oder Kontrollpunkte markieren. Manchmal kennzeichnen sie Dauerbeobachtungsbäume, zum Beispiel für die Waldinventur oder das Umweltmonitoring.

Wanderwege und Entfernungen: Nicht alle Zeichen stammen aus der Forstwirtschaft. Viele Markierungen sind Orientierungshinweise für Wandernde: Aufgemalte Wegsymbole, farbige Linien, Nummern oder kleine Schilder kennzeichnen Wanderwege. Oft findet sich auch eine Entfernungsangabe zur nächsten Hütte oder zum Etappenziel. Ein Ausrufezeichen (!) warnt manchmal vor steilen Passagen oder Gefahrenstellen. Drei übereinanderliegende Ringe (meist weiß, rot, weiß) kennzeichnen in manchen Regionen Fernwanderwege oder besondere Routen.

Der Wald spricht mit uns – wir müssen nur hinsehen

Ob es sich um forstliche Planungen, ökologische Schutzmaßnahmen oder Orientierungshilfen handelt: Baumzeichen sind die stille Sprache des Waldes. Sie erzählen davon, wie Menschen mit dem Wald arbeiten, ihn schützen oder nutzen. Wer sie versteht, erfährt beim Wandern mehr über das grüne Ökosystem Wald.

Astrid Schulte
Astrid Schulte ist Bestsellerautorin und Schnitzexpertin sowie Mitglied der NaturFreunde Stuttgart.

(Dieser Artikel ist bereits erschienen in NATURFREUNDiN 3-25, dem Mitgliedermagazin der NaturFreunde Deutschlands.)